Unterbringung von Flüchtlingen in Privatwohnungen.
„Die Verwaltung arbeitet intensiv mit ortsansässigen Wohnungsbau- Gesellschaften zusammen, um möglichst viele Asylbewerber in Privatwohnungen zu vermitteln.“ Diese Aussage kann man auf der Internetseite der Stadt Essen finden. Aber auch in Düsseldorf, Herne, Oberhausen, Leverkusen, Frankfurt – um nur einige Städte zu nennen – wird zunehmend nach privatem Wohnraum für Asylbewerber gesucht. Und selbst im PEGIDA-infizierten Dresden ist das kein Tabu mehr – die Sammelunterkünfte werden knapper, sie sind nicht selten eine Quelle für soziale Konflikte und fördern darüber hinaus nicht gerade die Integration.
Antrag von Bündnis90/ Die Grünen und dessen Ablehnung durch die Stadtverwaltung Greven
Vor diesem Hintergrund hat die „grüne“ Fraktion im Rat der Stadt Greven mit Datum vom 03.09.2015 beantragt , „dass Flüchtlinge, die in der Stadt Greven in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnen, … nach einer Wartezeit von 15 Monaten eine Wohnung des privaten Wohnungsmarktes beziehen“ können.
In ihrer Stellungnahme vom 11.11.2015 empfiehlt die Stadtverwaltung dem Stadtrat, den Antrag von „Bündnis 90/Die Grünen“ abzulehnen. Als Gründe werden angeführt:
- Der knappen Wohnraumkapazität könne nur durch die Schaffung neuen Wohnraums begegnet werden. Der direkte Zugang von Asylbewerbern zum freien Wohnungsmarkt würde das Angebot an Wohnungen weiter verknappen und zu deutlichen Steigerungen der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch führen. Es solle vielmehr zunächst einmal ein „Auszugsmanagement“ bei der Stadt Greven eingerichtet werden, um die Quote der Fehlbelegungen in Sozialwohnungen zu reduzieren.
- Nach dem Sozialgesetzbuch, das bei Unterbringung in privaten Unterkünften anzuwenden sei, würden die Kosten für die Stadt Greven erheblich höher sein, weil der „ersten“ Person nach SGB eine Wohnfläche von 50 qm zustehe, während die Stadt Greven bisher mit 10 qm pro Person kalkuliere.
- Es entstehe ein erhöhter Arbeitsaufwand weil Mietverträge, Nebenkostenabrechnungen etc. von der Stadt geprüft werden müssten. Außerdem entstünde für die einzustellenden Sozialarbeiter durch die dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge eine deutlich höhere Belastung.
Kurzfristiges Denken in der Stadtverwaltung Greven
Insgesamt lässt die ablehnende Haltung der Stadtverwaltung vermuten, dass sie Flüchtlinge in privaten Wohnungen einfach nicht haben will. Denn ihre Gründe sind wenig stichhaltig und wecken den Verdacht, dass sie nur das kurzfristige Ziel der Kostenminimierung im Blick hat, ohne sich über dessen längerfristige Folgen den Kopf zu zerbrechen. Damit einher geht die Absenkung der Wohnraum-Qualitätskriterien auf ein absolutes Minimum. Wer Grevener Flüchtlingsunterkünfte einmal besucht hat, muss sich selbst ehrlich fragen, ob er unter diesen Bedingungen nicht auch seine gute Erziehung bisweilen vergessen würde.
Dabei scheint die Stadtverwaltung auch zu übersehen, dass der Bedarf an Sozialarbeitern umso größer ist, je mehr fremde Personen in Gemeinschaftsunterkünfte gepfercht werden und je primitiver die Unterkünfte ausgestattet sind. Und für die Kosten eines einzigen Sozialarbeiters ließen sich gewiss mehrere Wohnungen anmieten. Jedenfalls sollte der Ruf nach Security-Personal für die alte Reckenfelder Hauptschule auch im Grevener Rathaus die Alarmglocken läuten lassen.
Die Stadtverwaltung scheint ferner zu übersehen, dass sie selbst die Flüchtlinge teilweise in überfüllte Gemeinschaftsunterkünfte bringt und nicht einmal ihre eigene Richtschnur von 10 qm pro Person einhält. Das mag zur Linderung der ersten Not tragbar sein – es kann aber keine Lösung für die Zukunft darstellen. Bei ihrer Vergleichsbetrachtung verschweigt die Stadtverwaltung außerdem, dass nach dem Sozialgesetzbuch nur für Alleinstehende 50 qm Wohnfläche als angemessen gelten, für jede weitere haushaltsangehörige Person aber nur noch 15 qm hinzukommen.
Das deutlich zu geringe Personal, das die Stadt Greven bisher für die Flüchtlingsbetreuung zur Verfügung gestellt hat, ist in manchen Bereichen durch das Engagement vieler ehrenamtlicher Helfer kompensiert worden. Die Vermutung ist daher nicht unrealistisch, dass sich auch in anderen Bereichen, in denen die Stadtverwaltung Mehrarbeit aufgrund einer dezentraleren Unterbringung erwartet, fachkundige Helfer finden lassen. Mietverträge und Nebenkostenabrechnungen prüfen (um nur diese Beispiele zu nehmen), setzen nicht unbedingt die Zugehörigkeit zur höheren Verwaltungslaufbahn voraus. Zudem geht es dabei nicht um eine riesige Zahl.
Aufruf zur Vermietung von privatem Wohnraum an Flüchtlinge
Die Stadtverwaltung weiß, wie viele andere auch, dass der Grevener Wohnungsmarkt nicht unbedingt durch großen Leerstand charakterisiert werden kann. Aber gerade das sollte sie ermuntern, eine Initiative zugunsten von privatem Wohnraum für Flüchtlinge zu starten – unabhängig davon, wie lange sich Asylbewerber bereits in Greven aufhalten. Es gibt so viele Beispiele privater Wohnungen, in die inzwischen Flüchtlinge eingezogen sind – nur leider nicht in Greven. Warum ermuntert die Stadtverwaltung nicht dazu, private Unterkünfte für Asylbewerber zur Verfügung zu stellen, anstatt es abzublocken? Bei der bisher zu beobachtenden großen Hilfsbereitschaft der Bevölkerung ist es sicher nicht gänzlich unrealistisch, dass der eine oder andere sich davon angesprochen fühlt.
Wie es funktioniert, zeigen die oben genannten Städte!
Und was Sie als Vermieter zu beachten haben, können Sie in diesem Merkblatt von Pro-Asyl nachlesen.