Korrektur

Dieser Artikel beruhte auf einem gefälschten Leserbrief, den sich die Grevener Lokalredaktion von Westfälischen Nachrichten / Grevener Zeitung hat unterschieben lassen. Lesen Sie bitte hier den Folgeartikel.

Norbert Klapper: „Seit diesem Vorfall weiß ich, dass wir es nicht schaffen … unser Staat schafft es nicht, und auch viele Flüchtlinge sehe ich jetzt mit anderen Augen.“ (GZ vom 06.02.2016)

Der das gesagt hat, ist nicht irgendwer, sondern der Vorsitzende des PARITÄTISCHEN Vereins im Kreis Steinfurt. Eines Vereins, der nach dem eigenen Programm Partei ergreift „für sozial Benachteiligte, für Menschen, die eine Lobby brauchen, um menschenwürdig und selbstbestimmt leben zu können.“ Unter der Voraussetzung, dass Herr Klapper schon einmal das Programm des Vereins gelesen hat, dem er vorsteht, muss es schon ein gravierender Vorfall gewesen sein, der ihn zu der oben zitierten Pauschalaussage veranlasst hat. Und die etwas reißerische Aufmachung in der Lokalpresse scheint das zu bestätigen.

Was war passiert?

GZ 06.02.2016- Entsetzt und enttäuscht (Copy)Bei einer Eisenbahnfahrt trifft Herr Klapper auf vier junge Flüchtlinge, die bei der Fahrkartenkontrolle auf ihren Status als Flüchtlinge verweisen – worauf der Schaffner ihnen „Gute Fahrt“ wünscht. Die vier Flüchtlinge erzählen dem Mitreisenden Norbert Klapper dann, dass sie in Greven Iraker seien, ferner in Unna als Syrer und in Köln als Afghanen registriert seien. Ein klarer Fall von Sozialleistungsmissbrauch also – denn die vier Flüchtlinge kassieren die ihnen zustehende Geldleistung mehrfach. Ein Unrechtsbewusstsein scheinen sie aber nicht zu haben, denn ansonsten hätten sie ihre Geschichte dem zufällig Mitreisenden wohl kaum erzählt.

Herr Klapper informiert den Zugschaffner über den Vorfall, der sich für nicht zuständig erklärt. Was hätte der auch unternehmen sollen? Hätte Herr Klapper den Zugschaffner auch dann aufgesucht, wenn es sich um deutsche (vermeintliche oder tatsächliche) Schwarzfahrer gehandelt hätte?

Jedenfalls zieht Herr Klapper seine Schlüsse aus dem Erlebnis mit vier Flüchtlingen – schnell und messerscharf: „Seit diesem Vorfall weiß ich, dass wir es nicht schaffen … unser Staat schafft es nicht, und auch viele Flüchtlinge sehe ich jetzt mit anderen Augen“ (zitiert nach GZ vom 06.02.2016). Und die hiesige Lokalpresse ist sich nicht zu schade, aus einem unreflektierten Leserbrief eine Story zu machen.

Unreflektierte Pauschalaussagen

Der Kreisvorsitzende eines Verbandes, dessen Namen von der Gleichwertigkeit aller Menschen ausgeht und allen den gleichen Respekt zukommen lassen will, kapituliert vor der millionenenfachen Integrationsaufgabe unserer Gesellschaft, nachdem er 4 (in Worten: vier) Flüchtlinge erwischt hat, die sich (noch) nicht an unsere Regeln halten. Mehr noch: Er sieht nach eigener Aussage jetzt viele Flüchtlinge mit anderen Augen. Eine Pauschalisierung, die ein abgewogenes Urteil eines Kreisvorsitzenden vermissen lässt. Eine Pauschalisierung, die PEGIDA-Sprüchen alle Ehre macht – aber nicht dem traditionsreichen Paritätischen Wohlfahrtsverband.

Keine Vertuschungspolitik

Hier soll keiner Vertuschungspolitik das Wort geredet werden – im Gegenteil! Nur wenn diejenigen, die sich nicht oder noch nicht gesetzeskonform verhalten, auch ganz konkret als solche benannt werden, lassen sie sich von den Flüchtlingen abgrenzen. Vier deutsche Schwarzfahrer werden ja auch nicht mit allen Bahnkunden verwechselt und vier deutsche Sozialleistungsbetrüger nicht mit allen Deutschen gleichgesetzt, die Leistungen aus den Sozialkassen beziehen.

Wer wie Herr Klapper aus dem Fehlverhalten von vier Flüchtlingen darauf schließt, dass der Satz „Wir schaffen das!“ falsch ist, trägt mit dazu bei, dass diejenigen, die es schon immer „gewusst“ haben, weiteren Zulauf bekommen. Denn mit einer solchen Einstellung würde eine Vielzahl von ehrenamtlichen Helfern bald „das Handtuch“ werfen müssen: In der Schule, wo sie mit nicht dafür ausgebildeten Lehrern auf teilweise traumatisierte Schüler treffen, wo sie mit dafür ebenfalls nicht ausgebildeten Lehrern und nicht vorhandenen Lehrbüchern den Schülern die deutsche Sprache beibringen sollen. In den Flüchtlingsunterkünften, wo sie den Neuankömmlingen auf engstem Raum und ohne Privatsphäre klar machen sollen, dass dies ihre neue Heimat ist. Und im kommenden Flüchtlingsdorf im Grevener Gewerbegebiet, wo sie den Migranten vermitteln sollen, dass sie in Greven willkommen sind, obwohl die äußeren Umstände für das genaue Gegenteil sprechen.

Toleranz, Geduld, Konsequenz, guter Wille

Dies alles kann nur dann funktionieren, wenn wir in der Beurteilung der Flüchtlinge von Pauschalaussagen Abstand nehmen, wenn wir die Beachtung wichtiger Regeln mit Konsequenz einfordern, aber dabei die Vergangenheit der Migranten stets im Auge behalten, wenn wir die Bedingungen, unter denen sie hier leben müssen, laufend kritisch hinterfragen und verbessern, und wenn wir uns stets aufs Neue klar machen, dass eine erfolgreiche Integration von beiden Seiten viel Toleranz, Geduld und guten Willen voraussetzt.

 

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Dieser Artikel beruhte auf einem gefälschten Leserbrief, den sich die Grevener Lokalredaktion von Westfälischen Nachrichten / Grevener Zeitung hat unterschieben lassen. Lesen Sie bitte hier den Folgeartikel.