AMS-Pilotprojekt "Kompetenzcheck zur beruflichen Integration von Asylberechtigten"
Über die Qualifikation von Asylbewerbern/ Asylberechtigten gibt es die unterschiedlichsten Vermutungen, die mit der grundsätzlichen Einstellung zu Flüchtlingen zusammenhängen dürften. Die einen spekulieren darüber, dass viele Ärzte oder Ingenieure den deutschen Arbeitsmarkt entlasten könnten, während andere eher von großen Zahlen wenig Qualifizierter oder gar Analphabeten ausgehen, die für viele Jahre die Sozialsysteme der Aufnahmeländer belasten. Zu den eher pessimistischen Prognosen neigt auch die (deutsche) Bundesagentur für Arbeit – verlässliche Zahlen gab es aber bisher nicht.
Da dürfte es hilfreich sein, sich einmal die Ergebnisse des Kompetenzchecks aus Österreich anzuschauen, bei dem ca. 900 Asylbewerber näher „unter die Lupe“ genommen wurden – und zwar im letzten Drittel des Jahres 2015. Dabei wurden sie in ihrer Muttersprache auf ihre beruflichen Fähigkeiten und ihre Abschlüsse hin überprüft – zum Beispiel ob sie nachweisen oder glaubhaft machen konnten, ein Hochschulstudium in ihrem Heimatland absolviert zu haben.
Wenngleich die Auswahl der Flüchtlinge nicht als streng repräsentativ gelten kann, glaubt der österreichische Arbeitsmarktservice, dass auch die heutigen Flüchtlinge sich von der untersuchten Gruppe in ihrer Zusammensetzung nicht grundlegend unterscheiden. Und danach wären die Flüchtlinge insgesamt deutlich besser qualifiziert als erwartet.
Höchstes Qualifikations-Niveau bei den Kompetenzcheck-Teilnehmern aus Syrien, Iran, Irak
Bei der Vorstellung der Ergebnisse am 12.01.2016 erklärte der Vorstand des österreichischen Arbeitsmarktservice, Johannes Kopf: „Das Qualifikationsniveau der Asylberechtigten, die am AMS-Kompetenzcheck teilgenommen haben, ist bis auf Angehörige eines Staates deutlich höher als erwartet. Wir haben die Ergebnisse nach Nationalitäten ausgewertet, denn wegen deutlichen Unterschieden zwischen den einzelnen Ländern ist eine Durchschnittwertung nur begrenzt aussagekräftig.“ Nach Herkunftsländern betrachtet, so die Studie aus Österreich, “ weisen die Flüchtlinge aus Syrien, dem Iran und Irak die höchste Qualifikation auf.
So besitzen 67% der Kompetenzcheck-Teilnehmer/innen aus Syrien (gesamt: 187 Personen), sogar 90% der Teilnehmer/innen aus dem Iran (gesamt 100 Personen) und 73% der Teilnehmer/innen aus dem Irak (gesamt 40 Personen) eine über die Pflichtschule hinausgehende Ausbildung, das heißt sie haben entweder Studium, Matura [Abitur, J.H.] oder eine Berufsausbildung. Am schlechtesten qualifiziert sind die Kompetenzcheck-Teilnehmer/innen aus Afghanistan (gesamt 230 Personen): Nur 26% von ihnen haben eine über die Pflichtschule hinausgehende Ausbildung, 25% haben die Pflichtschule, 20% die Grundschule besucht und 30% haben keine formale Schulbildung (davon sind interessanterweise nur rund 1/3 Analphabeten).“
Die Unterqualifizierung vieler Menschen aus Afghanistan führt der Vorsitzende des AMS, Kopf, insbesondere auf den jahrzehntelangen Krieg und die rückständige Wirtschaft zurück – eine große Herausforderung für die Integrationsarbeit. Über das Interesse und die Intelligenz der afghanischen Flüchtlinge sage dies aber nichts aus, vielmehr seien viele von ihnen äußerst lernbereit.
Bildungsniveau der Frauen generell höher als das der Männer
„Bemerkenswert ist der hohe Akademikerinnenanteil unter den weiblichen Teilnehmerinnen“, so Kopf. Dieser liegt bei Asylberechtigten aus Syrien bei 36% (Männer: 21%), bei jenen aus dem Iran bei 42% (Männer:26%), bei jenen aus dem Irak bei 44% (Männer: 31%), bei jenen aus Afghanistan bei 11% (Männer: 5%) und bei allen sonstigen Ländern bei 34% (Männer: 16%).“